Von Jacques Schuster
Chefkommentator
Nun
haben es auch die Russen schwarz auf weiß: Ihre Soldaten kämpfen in der
Ukraine. Der Bericht des ermordeten Boris Nemzow bringt es ans Licht. Leider wird ihn kaum ein
Russe zur Kenntnis nehmen.
Für die Europäer und die Vereinigten Staaten hätte es
dieses Dossiers nicht bedurft. Seit Langem wissen sie: Eine russische
Soldateska steht den ukrainischen Rebellen zur Seite. Mehr als das, sie
verfügen über zahlreiche Aussagen, Fotos und Filme, die beweisen, wie tief die
russische Armee in den Konflikt verstrickt ist.
Dennoch ist es gut
und wichtig, dass nun der Bericht des ermordeten russischen Oppositionellen Boris Nemzow in Moskau veröffentlicht werden konnte. Nemzows
Untersuchungen offenbaren, dass russische Soldaten seit August vergangenen
Jahres "massenhaft" in die Ukraine strömten und sich dort an allen
wesentlichen Kämpfen beteiligten.
Allein im August seien 150 von ihnen getötet worden.
Wer es in Russland wissen will, der kann es jetzt also auch von den eigenen
(oppositionellen) Landsleuten hören: Präsident Putin lügt genauso gut, wie er
reitet und schießt.
Putins frostresistente Tomate
Trotzdem darf man sich im Westen keinen Hoffnungen
hingeben. Auch wenn es traurig ist: Politisch wird die Stimme der russischen
Opposition in der Gesellschaft so aufmerksam gehört wie der orchestrierte
Ohrenschmalz der Don-Kosaken von den Sängern des Bolschoi-Theaters. Man hat
sich im Westen zu lange der Illusion hingegeben, dass sich Russland nach dem
Untergang der Sowjetdiktatur gleichsam von selbst in eine Demokratie verwandeln
würde, weil die Mehrheit der Russen ebendiese und nur diese wünschten. Doch
nach den für sie als demütigend empfundenen Chaosjahren eines Boris Jelzin
sehnten sich die Russen vor allem nach Ordnung und neuer Größe.
Wladimir Putin ist bei den meisten seiner Landsleute
Kult. Mittlerweile ist nach ihm nicht nur ein Wodka, ein Milchshake, ein
Lutscher, ein Eis, ein Schaschlik und eine frostresistente Tomate benannt,
sondern auch die Jugend ist von ihm begeistert. Und das nicht trotz, sondern
wegen seines Gebarens in der Ukraine, welches die Bundeskanzlerin zu Recht als
Verbrechen bezeichnete.
Über 90 Prozent der 18- bis 24-Jährigen feiern die
Politik ihres Präsidenten. 70 Prozent aller Russen loben, dass ihr Land dank
Putin wieder eine Großmacht geworden sei. Wer will in diesem Rausch von
der Wahrheit hören?
No comments:
Post a Comment