Das Wirtschaftsforum von St. Petersburg ist eine Inszenierung. Es soll ein problemfreier Raum sein, in dem unschöne Worte wie Annexion, verletzte Souveränität oder Militärintervention nicht fallen sollen. Im Gegenteil, auf Wladimir Putins Forum versucht man, die Atmosphäre von Business as usual zu versprühen und den anwesenden Europäern zu suggerieren: „Alles könnte wieder gut sein, wenn ihr nur wollt.“
Dass Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sich bei der Eröffnung nicht
diesem Sprachgebrauch unterwarf und den Völkerrechtsbruch Russlands im Fall der
Krim beim Namen nannte und Russlands verdeckte Militärintervention in der
Ostukraine nicht unerwähnt ließ, sollte für einen EU-Vertreter eigentlich
nichts Besonderes sein. Ist es aber, wie man von Politikern dieses Landes nur
allzu gut weiß. Umgeben von der russischen Elite und internationalen Investoren
waren Junckers Worte daher ein wichtiges Statement. Es geht nicht darum,
Fantasien zu nähren, sondern Realismus.
So bitter es für russische und europäische Geschäftsleute,
Branchenvertreter und letztlich auch für die Steuerzahler ist: Das Kernproblem beim
Thema Sanktionen sind nicht die Einbußen der russischen und der europäischen
Wirtschaft. Das Kernproblem ist der ungelöste Konflikt in der Ostukraine, dem
mittlerweile mehr als 9400 Menschen zum Opfer gefallen sind. Wie viele wären
es, gäbe es die EU-Sanktionen und das Minsk-Abkommen nicht? Eine Frage, die
niemand beantworten kann. Sicher ist, es wären mehr. Doch nach wie vor sterben
Menschen, weil die Konfliktlösung in Teilen versagt. Daran zu erinnern mag
unangenehm sein. Doch wie zynisch ist es, die Toten und die vom Tod bedrohten
Lebenden zu ignorieren?
Die Lage in der Ostukraine, in der weiterhin täglich Schusswechsel und Artillerieduelle zwischen ukrainischer Armee und von Russland unterstützten Separatisten stattfinden, gibt wenig Anlass zu Hoffnung. Immer öfter finden die Mahnungen der internationalen Beobachter kein Gehör, sogar Forderungen hochrangiger politischer Vertreter wie des deutschen Außenministers, Frank-Walter Steinmeier, verhallen. Beide Seiten unternehmen immer weniger Anstrengung für eine politische Konfliktlösung.
Die Lage in der Ostukraine, in der weiterhin täglich Schusswechsel und Artillerieduelle zwischen ukrainischer Armee und von Russland unterstützten Separatisten stattfinden, gibt wenig Anlass zu Hoffnung. Immer öfter finden die Mahnungen der internationalen Beobachter kein Gehör, sogar Forderungen hochrangiger politischer Vertreter wie des deutschen Außenministers, Frank-Walter Steinmeier, verhallen. Beide Seiten unternehmen immer weniger Anstrengung für eine politische Konfliktlösung.
Die Separatisten waren stets bemüht, den Minsk-Prozess durch immer neue
Forderungen zu torpedieren. Seit einiger Zeit mehren sich auch in der Ukraine
Stimmen, die das Abkommen (das unbeliebt ist, kam es doch in einer militärischen
Notsituation zustande) offen infrage stellen. Kiew hinkt bei der Umsetzung der
geforderten Schritte hinterher – auch, weil es keine Sicherheitsgarantien von
der anderen Seite hat.
Im Donbass müssten Taten von russischer Seite folgen, damit über ein
Zurückschrauben der EU-Sanktionen nachgedacht werden kann. Dass Moskau auch
anders kann, wenn es nur will, hat es ansatzweise an manchen Punkten im
Verhandlungsprozess bewiesen: Der Gefangenenaustausch mit der Ukraine, für Kiew
ungleich wichtiger, ist ein positives Zeichen. Im vergangenen Herbst hielt eine
Waffenruhe über mehrere Wochen. Auch ist die Unterstützung für die Separatisten
nicht grenzenlos. In den russischen regimenahen Medien, die als Sprachrohr des
Kreml fungieren, ist die undurchsichtige und fruchtlose Operation schon längst
vom ungleich herzeigbareren Einsatz moderner Waffen in Syrien abgelöst worden.
Doch leider scheint Moskau noch immer damit zu spekulieren, den Konflikt mit
Europa durch Gaspolitik, Aussitzen oder Schwächung seines Gegenübers lösen zu
können.
In Petersburg bekam Juncker eine bauernschlaue Frage gestellt: Hätten die Sanktionen denn bisher einen Effekt auf die russische Politik gehabt? Habe sich dadurch das Minsker Abkommen erfüllt? Juncker antwortete, genau diese Frage werde er persönlich mit Präsident Putin besprechen. Dieser ist tatsächlich der richtige Adressat. Wenn der Kreml endlich einsieht, dass es keinen krummen Deal in der Sanktionenfrage gibt, wird es Frieden in der Ukraine geben.
No comments:
Post a Comment