Finanzministerin: Wir waren schon sehr flexibel, nun
müssen sich die Gläubiger bewegen
bet. TBILISSI 17. Mai. Die Diskussion über eine
Restrukturierung der ukrainischen Staatsschulden kommt in die heiße Phase. Seit
der vergangenen Woche befindet sich ein Team des Internationalen Währungsfonds
(IWF) in Kiew. Bevor es neue Hilfsmittel für das von Krieg und Rezession
geschüttelte Land freigibt, soll ein Schuldenschnitt beschlossen sein. „Mein
Ziel dafür ist im Juni, auch wenn die Gespräche nicht so schnell vorangehen,
wie ich es mir wünsche“, sagte Finanzministerin Natalija Jaresko im Gespräch mit
dieser Zeitung. Die Ukraine verhandelt mit einer Gruppe westlicher Gläubiger
rund um die Investmentgesellschaft Franklin Templeton. Kiew möchte die
Konditionen von Anleihen ändern und so 15,3 Milliarden Dollar sparen. Während
die Investoren jedoch nur über verlängerte Laufzeiten und niedrigere Zinsen
reden wollen, strebt die Ukraine auch eine Reduktion des Nennwerts der
Obligationen an.
Es gehe um drei absolut notwendige Ziele, erklärte
Jaresko: eine Verbesserung der ukrainischen Zahlungsbilanz, der Fähigkeit zum
Schuldendienst und des Schuldenstandes im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung.
Ohne einen sogenannten Haircut könne das alles nicht erreicht werden, sagte die
Ministerin. „Ich bin dem ukrainischen Volk verpflichtet, dieses Problem zu
lösen, und nicht, es in die Zukunft zu verschieben.“ Kiew habe schon große
Flexibilität gezeigt. Jetzt sei es an den Gläubigern, voranzugehen und in ein
konstruktives Gespräch einzutreten. Warum sollten die das wollen? „Ich denke,
es ist im Interesse von niemandem, dass die Situation sich kontinuierlich
verschlechtert.“ Von internationalen Geldgebern habe Kiew dieses Jahr 3
Milliarden Dollar erhalten, wovon 2,4 Milliarden Dollar als Zinsen für
Auslandsschulden ausgegeben werden mussten.
Russland hat ausgeschlossen, sich an den
Umschuldungsverhandlungen zu beteiligen. Moskau gewährte Kiew Ende 2013, noch
zur Zeit des dem Kreml freundlich gesinnten Präsidenten Wiktor Janukowitsch,
einen Kredit über 3 Milliarden Dollar. Der wird im Dezember fällig. Das kann
dazu führen, dass die Ukraine mit internationaler Finanzhilfe und dem bei
westlichen Gläubigern eingesparten Geld jenes Land auszahlen muss, das wesentlich
für die heutige Malaise der Ukraine verantwortlich ist. „Über diese Möglichkeit
haben wir mit den westlichen Investoren nicht gesprochen“, sagte Jaresko.
Nicht zu verhandeln ist derweil, dass die Umschuldung
einen Teil eines über mehrere Jahre angelegten Pakets von 40 Milliarden Dollar
darstellt, das der Ukraine finanziell auf die Beine helfen soll. Weitere
Komponenten sind 17,5 Milliarden Dollar vom IWF sowie 7,5 Milliarden Dollar
unter anderen von der EU, den Vereinigten Staaten und der Weltbank. „Niemand
würde dieses Geld der Steuerzahler investieren, wenn er nicht glauben würde,
dass das gesamte Paket umgesetzt wird“, sagte die Ministerin. Technisch sei die
Umschuldung zwar keine Bedingung für die in wenigen Wochen erwartete Auszahlung
der nächsten Tranche vom IWF, jeder müsse aber seinen Teil beitragen, damit das
Paket Wirklichkeit werde.
Dabei stehe der Beitrag der Ukraine an erster Stelle,
betonte Jaresko, und zwar in Form von Reformen. Am wichtigsten sei die
Verbesserung des Geschäftsklimas durch Deregulierung, Reorganisation
staatlicher Unternehmen, Privatisierungen und den Kampf gegen die tägliche
Korruption. Es brauche eine reale Furcht vor dem Gang ins Gefängnis, wenn
jemand Schmiergeld annehme oder zahle, konstatierte die 50 Jahre alte Amerikanerin
ohne Parteibuch. Allerdings ist nach Einschätzung der Ministerin bereits viel
erreicht worden. So sei im Bankensektor und im Energiebereich schon aufgeräumt
worden.
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