Monday, May 18, 2015

Ukraine fordert Schuldenschnitt



Finanzministerin: Wir waren schon sehr flexibel, nun müssen sich die Gläubiger bewegen
bet. TBILISSI 17. Mai. Die Diskussion über eine Restrukturierung der ukrainischen Staatsschulden kommt in die heiße Phase. Seit der vergangenen Woche befindet sich ein Team des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Kiew. Bevor es neue Hilfsmittel für das von Krieg und Rezession geschüttelte Land freigibt, soll ein Schuldenschnitt beschlossen sein. „Mein Ziel dafür ist im Juni, auch wenn die Gespräche nicht so schnell vorangehen, wie ich es mir wünsche“, sagte Finanzministerin Natalija Jaresko im Gespräch mit dieser Zeitung. Die Ukraine verhandelt mit einer Gruppe westlicher Gläubiger rund um die Investmentgesellschaft Franklin Templeton. Kiew möchte die Konditionen von Anleihen ändern und so 15,3 Milliarden Dollar sparen. Während die Investoren jedoch nur über verlängerte Laufzeiten und niedrigere Zinsen reden wollen, strebt die Ukraine auch eine Reduktion des Nennwerts der Obligationen an.

Es gehe um drei absolut notwendige Ziele, erklärte Jaresko: eine Verbesserung der ukrainischen Zahlungsbilanz, der Fähigkeit zum Schuldendienst und des Schuldenstandes im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Ohne einen sogenannten Haircut könne das alles nicht erreicht werden, sagte die Ministerin. „Ich bin dem ukrainischen Volk verpflichtet, dieses Problem zu lösen, und nicht, es in die Zukunft zu verschieben.“ Kiew habe schon große Flexibilität gezeigt. Jetzt sei es an den Gläubigern, voranzugehen und in ein konstruktives Gespräch einzutreten. Warum sollten die das wollen? „Ich denke, es ist im Interesse von niemandem, dass die Situation sich kontinuierlich verschlechtert.“ Von internationalen Geldgebern habe Kiew dieses Jahr 3 Milliarden Dollar erhalten, wovon 2,4 Milliarden Dollar als Zinsen für Auslandsschulden ausgegeben werden mussten.
Russland hat ausgeschlossen, sich an den Umschuldungsverhandlungen zu beteiligen. Moskau gewährte Kiew Ende 2013, noch zur Zeit des dem Kreml freundlich gesinnten Präsidenten Wiktor Janukowitsch, einen Kredit über 3 Milliarden Dollar. Der wird im Dezember fällig. Das kann dazu führen, dass die Ukraine mit internationaler Finanzhilfe und dem bei westlichen Gläubigern eingesparten Geld jenes Land auszahlen muss, das wesentlich für die heutige Malaise der Ukraine verantwortlich ist. „Über diese Möglichkeit haben wir mit den westlichen Investoren nicht gesprochen“, sagte Jaresko.
Nicht zu verhandeln ist derweil, dass die Umschuldung einen Teil eines über mehrere Jahre angelegten Pakets von 40 Milliarden Dollar darstellt, das der Ukraine finanziell auf die Beine helfen soll. Weitere Komponenten sind 17,5 Milliarden Dollar vom IWF sowie 7,5 Milliarden Dollar unter anderen von der EU, den Vereinigten Staaten und der Weltbank. „Niemand würde dieses Geld der Steuerzahler investieren, wenn er nicht glauben würde, dass das gesamte Paket umgesetzt wird“, sagte die Ministerin. Technisch sei die Umschuldung zwar keine Bedingung für die in wenigen Wochen erwartete Auszahlung der nächsten Tranche vom IWF, jeder müsse aber seinen Teil beitragen, damit das Paket Wirklichkeit werde.
Dabei stehe der Beitrag der Ukraine an erster Stelle, betonte Jaresko, und zwar in Form von Reformen. Am wichtigsten sei die Verbesserung des Geschäftsklimas durch Deregulierung, Reorganisation staatlicher Unternehmen, Privatisierungen und den Kampf gegen die tägliche Korruption. Es brauche eine reale Furcht vor dem Gang ins Gefängnis, wenn jemand Schmiergeld annehme oder zahle, konstatierte die 50 Jahre alte Amerikanerin ohne Parteibuch. Allerdings ist nach Einschätzung der Ministerin bereits viel erreicht worden. So sei im Bankensektor und im Energiebereich schon aufgeräumt worden.


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