Wie auch in der grossen Kammer wehrte sich der FDP-Bundesrat nicht gegen die Motion, die zwar nutzlos, aber auch nicht schädlich sei. Die EU wisse, dass das Gesuch der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) galt und mittlerweile gegenstandslos ist.
Kein Redner mass dem am 20. Mai 1992 unterzeichneten Schriftstück einen besonderen Wert bei. Die Vorstellungen darüber, wie mit «nutzlosen», «politisch inexistenten» und rein «symbolischen» diplomatischen Dokumenten umzugehen seien, gingen aber - wie in den zahllosen früheren Debatten zum Thema - weit auseinander.
Politische Psycho-Hygiene
Karin Keller-Sutter (St. Gallen, fdp.) plädierte für einen Rückzug des Gesuchs. Das bringe zwar keinen praktischen Vorteil, aber auch keinen Nachteil. Dafür könne die Schweiz einen Schlussstrich ziehen unter dieses historische Thema und sich den Herausforderungen der Zukunft widmen. Das Volk von der Notwendigkeit eines institutionellen Rahmenabkommens zu überzeugen, während das Beitrittsgesuch in den Köpfen immer noch präsent sei, könnte schwierig werden, so Keller-Sutter.
Thomas Minder (Schaffhausen, parteilos) wollte «das Thema kurz und schmerzlos beenden», zumal nur heute nur noch «ein paar Wahnsinnige» der EU beitreten wollten. Es gelte, «reinen Tisch zu machen», meinte Damian Müller (Luzern, fdp.). «Island hat den Mut gehabt und das Beitrittsgesuch zurückgezogen, deshalb ist kein Vulkan ausgebrochen», meinte Hannes Germann (Schaffhausen, svp.). Joachim Eder versprach sich von der Motion, dass sie zu einem besseren «atmosphärischen Gleichgewicht» der Schweizer Politik beitrage.
24 Jahre sind genug
Filippo Lombardi (Tessin, cvp.) fand die ganze Diskussion, die er schon oft geführt habe, als «ein bisschen lächerlich». Es sei «nicht sehr intelligent, immer wieder darüber zu diskutieren». Sein Vorschlag, der EU anstelle eines Rückzugs eine differenzierte Erklärung zukommen zu lassen, sei von der Kommission nicht aufgenommen worden, sagte Lombardi. Er enthielt sich der Stimme.
Die Gegner der Motion argumentierten, dass die Schweiz gar keine Beitrittskandidatin sei und sich mit einer Erklärung zum Gesuch vom 1992 im besten Falle lächerlich mache, wie Anne Seydoux (Jura, cvp.) sagte. Den Vergleich mit dem zurückgezogenen Beitrittsgesuch Islands liess sie nicht gelten. Im Unterschied zur Schweiz habe Island soeben noch mit der EU verhandelt.
SP-Präsident Christian Levrat (Freiburg) hielt fest: «Ich habe keine Lust mehr auf solche Übungen.» So gesehen könnte der Entscheid der Ratsmehrheit auch ein wenig in seinem Sinne gewesen sein.
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